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„Willkommener Kontrast zum Winter“
DOSB-Präsident Hörmann hält den Kongress des Skiverbandes im mexikanischen Cancun für vertretbar. Der Sulzberger glaubt an den Erfolg Oberstdorfs im fünften Anlauf – vielleicht sogar mit Hilfe von Österreich.
Herr Hörmann, wie viele Badehosen besitzt eigentlich ein Skiverbands-Funktionär? Und welche davon haben Sie denn für Cancun in Ihren Koffer gepackt?
Alfons Hörmann: Eine genügt und aufgrund des sehr engen Teminkorsetts während der Kongresswoche werde ich diese wohl kaum einsetzen können.
Spaß beiseite. Werden Sie nicht auch immer wieder darauf angesprochen, warum Kongresse des Internationalen Skiverbandes eigentlich in Melbourne, Kapstadt, Antalya oder nun in Cancun auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan stattfinden? Und was antworten Sie darauf eigentlich?
Hörmann: Seit Jahrzehnten hat die FIS eine klare Regel, indem alle zwei Jahre ein Kongress in Europa und im Wechsel dann somit alle vier Jahre auf einem anderen Kontinent stattfindet. Das liegt durchaus in der Logik eines weltweit aufgestellten Sportverbandes. Und für die sonnigen Gefilde spricht, dass viele der Skisportfunktionäre sechs bis acht Monate pro Jahr auf Schnee verbringen. Da sind dann einige Tage mit Sonne und Meer ein willkommener Kontrast zum Skiszenario – auch wenn dann naturgemäß der Aufenthalt in den Seminarräumen überwiegt.
Fünf-Sterne-Luxushotel, weißer Strand, Palmen und gleich nebenan Shopping-Passagen und Vergnügungsviertel. Ist ein solcher Kongressort nach der teils niederschmetternden öffentlichen Kritik an IOC und Fifa
nicht Wind auf die Mühlen derer, die den großen Sportverbänden Größenwahn vorwerfen?
Hörmann: Nach einem Jahrzehnt im Bereich der FIS kann ich feststellen, dass das absolut vernünftig und gut vertretbar organisiert wird. Zumal die Kosten in anderen Ländern teilweise erheblich unter deutschem Niveau liegen. Aber es gilt zweifelsohne sauber und sensibel abzuwägen, was diesbezüglich richtig, sozialverträglich und verantwortbar ist.
Werden Sie diese Image-Frage in den nächsten Tagen auch thematisieren?
Hörmann: Diese Fragen sind seit Jahren und bei allen wichtigen Entscheidungen unser ständiger Begleiter – gerade heute, wo die Glaubwürdigkeit des Sports an manchen Stellen teilweise in Frage gestellt ist, gewinnen solche Themen aber natürlich weiter an Bedeutung.
Nun der ganz harte Schnitt: Es geht für Sie unter der Sonne Mexikos ja hauptsächlich darum, 2021 ein Wintermärchen in Oberstdorf zu veranstalten. Zum fünften Mal bewirbt sich der Deutsche Skiverband schon darum, nach 1987 und 2005 wieder einmal nordische Titelkämpfe ins Allgäu zu holen. Wie schätzen Sie die Chancen diesmal ein?
Hörmann: Beim letzten Mal hat uns in drei Wahlgängen jeweils eine Stimme zur absoluten Mehrheit gefehlt, womit das die knappste aller denkbaren Niederlagen war, und ich hoffe sehr, dass wir es dieses Mal schaffen. Nicht nur Oberstdorf und das Allgäu, sondern auch der internationale Skisport würden sicher erheblich von einer WM in unserer Region profitieren.
Schauen wir kurz auf die Mitbewerber von Oberstdorf. Das slowenische Planica ist in der gleichen Situation wie Oberstdorf vor zwei Jahren in Barcelona: Gesetzt für die Skiflug-WM, in diesem Fall für 2020, und Kandidat für die Nordische WM ein Jahr später. Ist für Sie ein Doppelzuschlag nicht auch komplett ausgeschlossen?
Hörmann: Die Fairness gebietet eine neutrale Haltung gegenüber den Wettbewerbern. Nur so viel: Beide Mitbewerber sind hervorragende Kandidaten und sind zweifelsohne auch in der Lage, eine tolle WM auszurichten. Deshalb ist auch niemals etwas auszuschließen ...
Ist das norwegische Trondheim für Sie der gefährlichere Konkurrent?
Hörmann: Ein Kandidat aus Norwegen ist im nordischen Skisport immer zugleich ein sehr ernst zu nehmender.
Es gibt die These, man könne an den Kongress-Tagen eine WM nicht mehr gewinnen, sehr wohl aber verlieren. Heißt das, dass Sie in den letzten Monaten intensiv auf Stimmenfang bei Ihren Council-Kollegen waren?
Hörmann: Wir sind ja seit Jahren mit den Kollegen im intensiven Austausch zu den Vorzügen von Oberstdorf und natürlich habe ich mit den Kollegen im Rahmen unserer Gespräche und Sitzungen auch über deren denkbare Unterstützung für unser Konzept gesprochen.
Die Vergabe von Großveranstaltungen war bei anderen Sportverbänden in den letzten Jahren immer wieder begleitet von Skandalen und Korruptionen. Müssen wir uns darauf einstellen, dass auch die FIS eine Ski-WM mal nach Katar vergibt?
Hörmann: Ich sehe die bisherigen Vergaben bei der FIS in den verschiedenen Disziplinen nach wie vor gut nachvollziehbar und unter sportstrategischen Aspekten bestens vertretbar. Alle WM-Orte der vergangenen Jahre haben perfekte Weltmeisterschaften organisiert und das wird auch in den kommenden Jahren so sein. Da ist die FIS für viele andere Verbände wohl erkennbar ein gutes Vorbild ...
Überraschende WM-Vergaben – nicht selten übrigens zum Nachteil von
Oberstdorf – gab es aber schon immer wieder. Ist die Rolle von Deutschland da beim Skiverband ähnlich wie die von deutschen Musikern
beim Eurovision Song Contest? No Points Germany, erst recht keinen von Österreich!
Hörmann: Der Wettkampf um solche großen Sportereignisse ist ein harter und man muss schon viel Geduld und Durchstehvermögen mitbringen.Vielleicht kommt dieses Mal dann aber die entscheidende Stimme von unseren Nachbarn in Österreich, mit denen uns ja vieles im Skisport verbindet. Wir werden sehen ...
Die Niederlage gegen Seefeld in Tirol zuletzt in Barcelona schmerzt immer noch, oder? Was läuft diesmal besser?
Hörmann: Ja das hat wehgetan, weil es eben so knapp war. Aber jetzt gilt es, nach vorn zu blicken. Und ich denke, dass das gesamte Team in den letzten zwei Jahren nochmals besser agiert hat. Doch nun folgt der entscheidende Endspurt vor Ort und es gilt, hochprofessionell aufzutreten.
Zahlreiche deutsche Groß-Sponsoren wie Adidas, Viessmann, Intersport und Würth, die sich auch als FIS-Sponsoren im Weltcup engagieren, unterstützen diesmal die Oberstdorfer Bewerbung. Ist das wirklich erfolgsversprechend? Und verknüpfen diese Firmen ihr künftiges Engagement damit, dass Oberstdorf endlich den Zuschlag bekommt?
Hörmann: Gerade die deutschen Firmen sind ja im weltweiten Skisport eine ganz wesentliche Säule des Erfolges. Deshalb ist deren Unterstützung wichtig. Aber sie sollte nicht so weit gehen, dass nur im Falle einer WM in Oberstdorf eine weitere Zusammenarbeit möglich wird. Das wäre eindeutig der falsche Ansatz, weil das eher kontraproduktiv auf die internationalen Kollegen wirken würde. Daumen drücken und Sympathie für die Bewerbung Oberstdorfs bekunden ohne irgendeinen Druck aufzubauen – das ist die wertvollste Form der Hilfe.
Interview: Thomas Weiß/Allgäuer Anzeigeblatt