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Sprungtechnisch auf „Herz und Nieren“ geprüft
DSV-Skispringerinnen nutzen die Ruhe nach dem Sturm in der Erdinger Arena Oberstdorf
Zuerst wirbelte der Sturm den Trainingsplan durcheinander, dann das WM-Fußballspiel der Deutschen gegen Frankreich, das niemand versäumen wollte. Doch nach dem hart erkämpften 1:0 Sieg der Kicker ging es auch für die deutschen Skispringerinnen noch mal an die Arbeit. An der Wetterfront war es wieder ruhig genug für eine Trainingseinheit unter Flutlicht.
Das zweitägige Training diente der Leistungsdiagnostik und war begleitet von Mitarbeitern des Instituts für angewandet Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig. Dreimal im Jahr werden die Frauen sprungtechnisch auf „Herz und Nieren“ geprüft. Der Juli-Test sollte mit der biomechanischen Untersuchung vor allem Erkenntnisse bringen über die Harmonie von Körper- und Flugwinkel. In der dynamometrischen Untersuchung ging es um Messungen der Absprungkraft am Schanzentisch. „Die Werte im Kraftraum unterscheiden sich nämlich mitunter markant von denen an der Schanze und weisen auf koordinative Defizite hin“, erklärt dazu Nationaltrainer Andreas Bauer. Mängel, die es frühzeitig zu korrigieren gelte, beispielsweise durch Sondertraining auf Inlinern.
Oberstdorf war nach dem Gletscher und Rastbüchl bereits das dritte Trainingslager der Damen in der nacholympischen Saison. Die Goldmedaillen-Gewinnerin von Sotchi allerdings fehlte in der Erdinger Arena. Carina Vogt laboriert noch an einem „Knieschlatter“, wie Bauer die wachstumsbedingte Entzündung des Patellasehnenansatzes seiner Top-Athletin beschreibt. Wobei der „Schlatter“ nichts mit der Instabilität des Gelenks zu tun hat, sondern dem Namen des Schweizer Chirurgen Carl Schlatter gewidmet ist, der das Phänomen schon 1903 wissenschaftlich untersuchte. Noch zwei weitere Wochen Trainingspause sind der 22-Jährigen darum gegönnt. Auch sonst sind die Reihen im Lager der Springerinnen noch gelichtet. Ulrike Gräßler musste nach der unglücklichen Blinddarmoperation in Sibirien erst kürzlich nachoperiert werden und erholt sich nur langsam. Pauline Hessler und Ramona Straub tasten sich nach Kreuzbandrissen ebenso wie Svenja Würth nach ihrem Halswirbelbruch wieder an alte Leistungen heran. „Fünf Verletzte, vier Gesunde“, zählt der Nationalcoach auf. „Das wird richtig spannend, die verletzten Mädels wieder so fit zu bekommen, dass sie im November in den Weltcup einsteigen können“. Eine Saison, die mit der Weltmeisterschaft in Falun ungeheuer wichtig ist.
Derweil freut er sich über den gesunden Rest der Mannschaft. „Die, die fit sind, sind auch richtig gut“, freut er sich. Vor allem Katharina Althaus (Skiclub Oberstdorf) zeige sich schon in bestechender Form. Auch Gianina Ernst und Anna Rupprecht vom Stützpunkt Oberstdorf seien auf einen guten Weg. Beweisen können sie sich bereits im September beim Sommer Grand Prix in Almaty. „Für uns ist das ein wichtiger Test für die JWM, die dort im kommenden Jahr stattfindet“, so Bauer.
Mit dem gesamten Nationalteam gibt es in Oberstdorf übrigens schon am 18. bis 20. Juli ein Wiedersehen im „Mädchen-Camp“. „Damenskisprung hat nach Carinas Olympiasieg eine riesige Resonanz erfahren“, freut sich der Nationalcoach. Derzeit trainieren deutschlandweit 150 Athletinnen der Jahrgänge 2000 bis 2007 an den Schanzen. 70 junge Talente werden in Oberstdorf sein. Organisiert wurde das große Trainingslager von den C-Kader-Trainern Catrin Schmid und Daniel Vogler. Das A-Team der Frauen wird dabei sein und den Nachwuchs beim Inliner-Training auf Touren bringen.
Text: Elke Wiartalla