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Mediziner, Psychologe und Freund
Teamarzt der deutschen Nordischen Kombinierer Dr. Florian Porzig aus Fischen muss vieleTalente zeigen
Nach einem langen Tag in der Praxis nimmt sich Dr. Florian Porzig noch Zeit für ein Gespräch. Nicht von Schnupfnasen und grippalen Infekten, die in der Winterzeit das Wartezimmer mit besonders vielen Patienten füllen, erzählt der Mediziner aus Fischen. Sondern von einem Auftrag, den er an so manchem Winter-Wochenende zusätzlich zu seinem Dienst als Not- und Bereitschaftsarzt erledigt. Porzig ist offizieller Mannschaftsarzt der Nordischen Kombinierer. Der Koffer für den nächsten Einsatz, der ihn in den hohen Norden nach Lillehammer führt, ist bereits gepackt.
„Und so geht es dann den ganzen Winter über“, erzählt der 38-Jährige. Mal geht es nach Norwegen oder Finnland, dann wieder in den Schwarzwald oder ins österreichische Seefeld. Die Kombinierer sind in ganz Europa unterwegs und mit ihnen ein medizinischer Betreuer. Gemeinsam mit dem Kollegen Stefan Pecher aus Fichtelberg teilt er abwechselnd die Sorge um Eric Frenzel, Johannes Rydzek und Co. Auch der Physiotherapeut Hansi Kühnel ist immer dabei.
Fünf Jahre ist es her, dass der damalige Bundestrainer der Kombinierer, Andreas Bauer, den Oberallgäuer Arzt um Unterstützung bat. Bauer, mittlerweile für die deutsche Frauenmannschaft zuständig, wusste um die speziellen sportmedizinischen Kenntnisse von Porzig, die bereits viele Sportler verschiedenster Disziplinen in Anspruch nahmen.
In die Waagschale werfen konnte der Arzt die Erfahrungen aus der eigenen sportlichen Laufbahn. „Von einer Schanze gesprungen bin ich zwar nie“, wehrt er lachend ab, „aber im Langlauf und in der Leichtathletik über die Mittelstrecke kenne ich mich bestens aus.“ Wichtig bei Sportlern sei, nicht den normalen therapeutischen Maßstab anzusetzen. Bei Verletzungen oder Erkrankungen striktes Trainingsverbot zu erteilen, das komme meist nicht gut an. „Dafür sind sie alle zu heiß auf Wettkämpfe, da muss man spüren wie sie ticken“, so Porzig, der dann versucht gemeinsam Wege und Möglichkeiten zu finden, den Athleten schnellstens wieder fit zu bekommen. „Die Gesundheit der Sportler muss aber dabei immer im Vordergrund stehen“, unterstreicht der Teamarzt.
Die Begleitung während der Wettkämpfe sei das eine, fast wichtiger jedoch die Arbeit hinter den Kulissen übers gesamte Jahr. Laborwerte erstellen für die Kaderathleten, Infektprophylaxe, Ernährungspläne mit ausarbeiten, Leistungsdiagnostiken bewerten und gemeinsam mit den Trainern entscheiden, welche Regenrationszeit ein Athlet braucht, all das zählt zu den Aufgaben des Arztes. „Manchmal müssen wir auch psychologische Hilfe leisten und ganz einfach zuhören können“, schildert Porzig. Nach harten Weltcup-Wochenenden würden die Athleten schon mal mit Nährungsergänzungsmitteln substituiert, um Infekten vorzubeugen. Wichtig sei, dass die Sportler Vertrauen aufbauen könnten zu den Teamärzten. „Ich denke, dass ist mir in den vergangenen Jahren ganz gut gelungen“, meint Porzig. Nicht ohne Grund kennen wohl viele A-Kader-Athleten sein Wohnzimmer, meint er schmunzelnd zu Überraschungsbesuchen der Wintersportler.
Sehr gefreut habe er sich über die aktuellen Darbietungen der deutschen Kombinierer. Gut gerüstet sei man mit Eric Frenzel und dem Youngster Johannes Rydzek, der sich leistungsmäßig noch mal richtig verbessert habe. „Ein kompaktes Team mit langfristig hervorragendem Nachwuchs“, weiß der Arzt um die Qualität „seiner“ Mannschaft.
Wenn er daran denkt, dass er sich bei den Nordischen Weltmeisterschaften in Oberstdorf 1987 noch ein Autogramm von Staffelsieger Thomas Müller geholt hat, lächelt er versonnen. Heute ist er selbst dabei und arbeitet mit Stützpunkt-Trainer Müller Hand in Hand. Sotchi wird der Arzt aus Fischen seinem Kollegen Pecher überlassen. Er ist aber in Falun bei der WM 2015 dabei. „Es gefällt mir, in ein klassisches WM-Dorf zu ziehen, familiär und doch mit Flair“, meint er. So wie Oberstdorf, wo die WM 2019 hoffentlich wieder ausgetragen werde. Bis dahin dauert es noch ein bisschen. Und so freut Porzig sich zunächst, dass die Kombinierer mit dem Weltcup im Januar in Oberstdorf Station machen. Dann dürfen die Koffer einmal ausgepackt bleiben, denn von Fischen bis zum Arbeitsplatz als Mannschaftsarzt sind es nur ein paar Kilometer.